
Heute trage ich eines meiner allerersten Kleidungsstücke, das ich für mich nähte. Meinen ersten Rock.
Aber vor allen Dingen ist es eines der meist getragenen Kleidungsstücke in meinem Kleiderschrank. Als ich 2010 mit Nähen und dann im Frühjahr 2011 mit "Nähen für mich" begann, nähte ich zunächst mit günstigen Ikea-Stoffen, weil ich noch wahnsinnigen Respekt vor dem Zerschneiden teurer Stoffe hatte. Der Vorteil, es gibt dort günstige Stoffe mit schönem Design. Der Nachteil: die Qualität lässt zu wünschen übrig - häufiges Waschen tut dem Stoff nicht gut. Mittlerweile hat er einen ordentlichen gelbstich. Nicht schön, ich versuche es zu ignorieren. Diesen Rock mag ich aber so gerne, dass ich die letzten Sommer über, in denen ich ihn ständig trug, immer wieder überlegte, ob ich ihn einfach, genau so, noch mal nähen sollte.
Der Schnitt ist eine Valeska von Farbenmix. Wohl ein typisches Einsteigerinnenmodell, denn er ist etwas raffinierter als ein einfacher "Gummiband-Rock" aufgrund der Taschen und der Raffungen, aber aufgrund des fehlenden Reißverschluss recht einfach zu nähen.
Die Taschen führen auch dazu, dass sich der Valeska-Rock gerne zu einem Lieblingsstück entwickelt, denn es ist einfach wunderbar, wenn Kleidungsstücke Taschen (für Kleinigkeiten wie Taschentuch und Schlüssel) haben. Ich kann nicht verstehen, dass bei diesem Schnitt in der weiten Näherinnenwelt immer wieder das Argument "trägt zu sehr auf" kommt. Das ist das Design! Und letztlich kommt dieses "trägt zu sehr auf" aus der "kaschieren-Ecke" und kaschieren finde ich sowieso bescheuert, denn wir sind, wie wir sind und selbst das raffinierteste Design lässt den Unterschied zwischen einem Frauenkörper in 38 und 42 erahnen. Gerade Frauen mit Figurproblemen (haha, Witz bemerkt?!) neigen dazu, ständig irgendetwas kaschieren zu wollen. Das finde ich genauso mühsam, wie die beknackten Diäten und Antizellulitisprogramme in den Frauenzeitschriften. Wer kaschieren will, hält sich für "nicht gut genug" - ist das eine gute Ausgangsposition, um zufrieden und glücklich durchs Leben zu laufen? Neee!
Mein Allheilmittel in der Anfangszeit meines Nähens war das Schrägband. Bei mir wurde ALLES mit Schrägband eingefasst. Der bunte Farbklecks gefällt mir als nettes Detail - ich fand das immer "wahnsinnig design"! Später wurde mir klar, dass das Leben einer Näh-Anfängerin auch signifikant einfacher durch den Einsatz von Schrägband wird, denn zum Beispiel Säume sind so ratzfatz und vergleichsweise ordentlich genäht. Für große Menschen wie mich hat Schrägband außerdem den Vorteil, dass wenn frau vergessen hat, die Länge des Schnittes zu überprüfen und etwas Länge zuzugeben, mit Schrägband statt Saum-Umklappen nichts an Länge verloren geht.
Oben hat der Rock ein angenähtes elastisches Bündchen - weil es das Erste war, ist es in sich verdreht, egal, damit kann ich leben. Sehr bequem diese Bündchen und eigentlich auch nicht schwer anzunähen. Ganz wichtig in meine Näh-Anfangszeit waren auch Applikationen. Applikationen empfand ich auch als "wahnsinnig design" und vor allen Dingen als "Aufpeppen" Kaufklamotten, denn richtig Nähen von Kleidung traute ich mir noch nicht zu, also wurde appliziert, bis der Arzt kommt.
Ich mag diesen Rock einfach. Er ist so unkompliziert. Er hat die richtige Mischung aus unauffällig, weil eben grau und meist mit schwarz kombiniert und besonders. So ein Rock passt im Sommer einfach ganz oft in mein Leben. Außerdem mag ich es, wenn mich Frauen auf der Straße ansprechen, und mir erzählen, dass sie aus meinem Rockstoff Vorhänge, Tischdecken oder Kissen genäht haben.... am MMM am 11.5.2011 habe ich den Rock schon mal gezeigt und auch da war ein paar Tage vorher die Kopf-ab-oder-nicht-Diskussion, wie in meinem Post zu lesen war....
Mehr wunderbare selbstgemachte Outfits findet ihr wie immer auf dem Me Made Mittwoch Blog - heute mit der zauberhaften, wie immer gut gekleideten und durchaus praktisch veranlagten Wiebke und natürlich in der MeMadeMay13 flickr-Gruppe.