Der Sommer soll nach kurzem Gastspiel demnächst ja wieder kommen. Zeit, um mir noch mal Gedanken über Kleidung für heiße Tage zu machen. Ausgangspunkt war die Frage, wieso ich eigentlich dieses Kleid vom letzten Jahr - siehe oben - so selten an heißen Tagen trage. Eigentlich ist es ein gutes Kleid für heiße Tage. Der Rock ist weit und luftig, obenrum lässt es viel Luft an die Haut. Der Jeansstoff ist ganz leicht, so dass es auch am Oberteil nicht schwitzig wird. Es sitzt gut und sitzt damit auch gut auf den BH-Trägern. Ein schönes Kleid. Und trotzdem ist es nicht erste Wahl an sonnigen Tagen. Ich ziehe es eigentlich nur so an, wie auf dem Foto und das eigentlich viel zu selten, dafür, dass ich es wirklich mag. Eine zweite Version dieses Kleides, für die seit einem Jahr ein türkiser dünner Jeans mit einem ganz entzückenden gemustertem Schrägband hier herumliegt, will einfach nicht genäht werden.
Nachdem ich mir im Juni im Schnelldurchgang zwei Viskosekleider für heiße Tage genäht habe, weiß ich nun, wieso ich das Blümchenkleid so wenig trage: Ich fühle mich nackig, wenn ich es ohne Shirt darunter trage. Auch wenn die Ärmelchen an den Viscosekleidern, nach dem Schnitt Ajaccio, wirklich nur minimal sind, sie sind da und fühlen sich "angezogen" an. Sie sind so geschnitten, dass nur sehr wenig Stoff unter den Achseln ist und der dünne Stoff tut sein übriges dazu, den Körper bei heißen Temperaturen nicht unnötig zu belasten.
Nachdem ich gestern auf Fotos von 1992 entdeckte, dass wir damals nicht alle rasierte Achseln hatten, machte ich mir meine Gedanken über Achselhaare. In den letzten Jahren war ich nicht mehr so pedantisch beim Rasieren. Das lag vielleicht auch an der Tatsache, dass ich nicht mehr als Single durch die Welt streifte und mit Aufzucht und Pflege beschäftigt war, aber sicherlich auch daran, dass ich als Frau mittleren Alters mehr Selbstbewußtsein habe, und mich nicht auf rasierte oder nicht rasierte Achseln oder Beine reduzieren lassen will. Erst, seit dem ich seit wenigen Monaten ein Deo ohne Aluminium benutze (weil dieses in Verdacht steht, krebserregend zu sein), rasiere ich wieder etwas gründlicher, weil meine neuen Deomarken, nicht so gut funktionieren, wie das über Jahren Liebgewonnene. Im Zuge der Gedanken über Achselhaare und einiger Beiträge, die ich dazu im Netz fand (hier und hier zum Beispiel) , fragte ich mich, ob meine Vorliebe für Ärmel etwas damit zu tun hat, dass ich das Gefühl habe, schief angeschaut zu werden, wenn ich meine Oberarme und Achseln zeige, oder ob das vielleicht sogar tatsächlich geschieht.
Bin ich vielleicht in einem Alter - von der unpopulären Figur einmal ganz zu schweigen - in dem es nicht mehr "erlaubt" ist, "nur Träger" zu tragen? Menschen und Medien haben ja ganz furchtbare Ausdrücke dafür, wie Körper angeblich auszusehen haben, die jenseits der medialen Vorbilder sind. Ich denke da an Ausdrücke wie "Winkfleisch", die ich wirklich grässlich finde. In der Artikelserie von Frau Ohmmmm in der es um "Ent-Schwabbeln" geht finden sich einige dieser Art und obwohl ich die Beiträge lese, frage ich mich immer wieder dabei, warum ich das eigentlich mache, denn auch wenn es sich für diese Frau richtig anfühlt, fühlt es sich doch für mich falsch, falsch, falsch an.
Dass Kleider wie "Lorelady" nichts für mich sind, noch nicht mal für einen Strandurlaub, ist mir schon klar. Seit dem ich mehr Brüste hatte, die leider die A- und B-Körbchen schnell hinter sich ließen, war mir klar, dass ohne BH nicht geht und es gehört schon etwas Mut dazu, breitere BH-Träger zu zeigen. Ich denke dann mit großem Bedauern an die Zeit, als mir die Brüste wuchsen und ich nicht mehr das tragen konnte, was ich am allerliebsten hatte: rückenfreie T-Shirts. Als Kind der 70er waren diese rückenfreie T-Shirts für mich der Inbegriff von Attraktivität. Ich habe sie geliebt. Was habe ich geweint, als ich am letzten Tag, an dem ich sie trug, begafft wurde und mehrere Bemerkungen darüber hören mußte, dass mir nun Brüste wachsen. Fortan trug ich BH und "ordentliche" T-Shirts.
Vor ein paar Jahren (wann war das noch mal, Anfang des Jahrtausends?) sah ich überall auf einmal BH-Träger. Vorher gab es diese Bändchen, die in Trägerkleider genäht wurden, damit der Träger auch ja über dem BH-Träger saß und Spaghettiträger waren tabu für BH-Trägerinnen. Plötzlich war das anders. Plötzlich schien es andere BH-Träger zu geben und ich sah überall BH-Träger unter knappen Tops als das Normalste der Welt. Aber natürlich dünne Träger. Breite Träger wurden nach wie vor versteckt.
Im Zuge meiner Selbstermächtigung durch selbstgenähte Kleidung, fragte ich mich natürlich, ob es nicht auch ok ist, breite Träger zu zeigen. Ich finde ja, das ist ok. Wenn ich meine Vichy-Kleider trage, sieht man die Träger, das ist nicht zu vermeiden. Da ich die Kleider nur so "mittel" mag, ist es auch ok für mich, dass es so aussieht. Aber richtig gut finde ich es nicht. Es fühlt sich falsch an. Wie steht es dann mit der Selbstermächtigung? Gescheitert? Lüge ich mir etwas in die Tasche? Bin ich noch immer so geprägt von dem, was angeblich erlaubt oder verboten ist, dass ich mich schlecht fühle, wenn man meine breiten BH-Träger sieht?
Gleiches gilt für meine Arme. Während bei dicken Frauen gerne betont wird, dass sie doch ihre Vorteile herausstellen und die Nachteile kaschieren sollen, ist ein schönes Decoltée erlaubt, aber das zur Schau stellen von Oberarmen verboten. Ich habe den Eindruck, dass das der Grund ist, wieso ich meine Kleider mit den kurzen Ärmelchen dem Blümchenkleid vorziehe. Ich bin geprägt von der herrschenden Meinung und denke, dass ich hübscher beurteilt werde, wenn ich Ärmelchen trage. Dabei wollte ich doch nicht mehr kaschieren! Ich stehe doch immer auf den buchstäblichen Barrikaden und postuliere, das Kaschieren etwas Böses ist. Und trotzdem bin ich nicht frei davon, selbst, wenn es sich nur um ein paar Zentimeter Ärmelchen handelt.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn ich mir weniger Gedanken über so nen Kram machen würde, denn dann hätte ich mehr Zeit, mir so kluge Gedanken wie Antje Schrupp zu machen, welche heute ganz wunderbar darüber schrieb, die das Vergleichen sein zu lassen und in Anderen das Besondere zu würdigen: "Garbo statt Klum. Ein paar Gedanken zur Mittelmäßigkeit." Lesen!