Bevor der Ärmel also zugeschnitten und eingenäht werden konnte, musste Weite eingefügt werden, ohne den Ärmelumfang zu verändern. Das war eine ziemlich Bastelarbeit in mehreren Schritten. Anschließend wurde der Ärmel eingenäht, wieder herausgetrennt, das Armloch noch mal etwas vergrößert und erneut eingenäht. Ihr seht, wir waren gut mit Überlegen und Kleben beschäftigt. Das Ärmelschnittteil sieht nun aus wie moderne Kunst.
Der Ärmel ist immer noch nicht perfekt, so wie er ist. Wir überlegten, noch einmal von vorne anzufangen, das Armloch gleich größer zu konstruieren und den Ärmel noch mal anders anzulegen, doch dazu reichte die Zeit erstmal nicht. Ich neige ja nicht zur Perfektion und bin eigentlich schon recht zufrieden mit dem Ergebnis, obwohl natürlich auch ich die Falten sehe, die da nicht unbedingt sein sollten. Aber ich kann mich gut darin bewegen! Ich vermute, dass der Ärmel in etwas fließenderem Stoff besser fällt und das Ergebnis bei kurze Ärmeln auch noch einmal anders aussieht. Aber ich bin eben auch nicht von Optimierungen und perfekter Passform besessen, weiß ich doch, dass mein Körper sowieso ständig in Bewegung ist und selten so schön still hält, wie auf einem Foto.
Frohen Mutes habe ich dann, nachdem ich meine Aufzeichnungen zur Unterrichtsstunde ordentlich getippt hatte, ein Wunschkleid mit meinem Grundschnitt gebastelt. Ich nahm den Schnitt des Frau Kirsche-Kleides zur Hand, studierte ihn genau und überlegte, was ich an meinem Grundschnitt ändern muß, um es zu erhalten. Die Taillenpasse kopierte ich, um zu verstehen, wo und wie die Rundung sitzen muß. Dann verlegte ich an meinem Grundschnitt die Abnäher, kürzte das Oberteil um die Passe und konstruierte den passenden Rock dazu. Da ich nicht extrem mutig bin, nähte ich das Kleid nicht aus aus Webware sondern aus einem sehr sehr wenig dehnbaren dickem Jersey und ließ vorsichtshalber die Nahtzugaben in den Seitennähten weg. Das Kleid war trotzdem zu weit, sitzt aber an den entscheidenden Stellen gut. Sollte es irgendwann gesäumt sein, werde ich es natürlich fotografieren und zeigen.
Entscheidend war dabei, dass ich es einfach tat! Ich nahm den Grundschnitt zur Hand und bastelte mir meinen Kleiderschnitt. Letztlich unterschied sich mein Vorgehen nicht so sehr von meinen Anpassungsbemühungen vor dem Schnittkurs, denn ich konstruierte nicht neu - frei nach Foto oder Vorstellung - sondern verglich Kleiderschnitt und Grundschnitt, um daraus eine für mich passende Mischung in meiner Größe zu erarbeiten. Und obwohl ich faktisch das Gleiche tat, wie z.B letzten Sommer bei der Vergrößerung von McCalls 4769, tat ich es doch mit etwas mehr Hintergrundwissen und dem Gefühl, auf etwas sichereren Pfaden zu wandeln. Das fühlte sich gut und verdammt mächtig an.