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Schnittkonstruktionsunterricht 8: ein neuer Ärmel

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Heute schreibe ich zum ersten Mal am Tag des Unterrichts meinen Rückblick. Auch mal schön, so sind die Eindrücke noch frisch. Und da ich ein bißchen Ruhe habe, wird es womöglich episch, aber ihr wolltet das ja - zumindest yvonet.

Da dieses Mal zwei Wochen Pause zwischen den Terminen lagen, fragte ich mich in den letzten Tagen dauernd, was genau noch mal meine Hausaufgaben waren. Ich glaube, ich brauche ein kleines Heft, in das ich die Hausaufgaben schreibe, dass dann meine Mutter abhaken kann.... Gedächtnis wie nen Sieb. Ich erinnerte mich noch gut daran, dass ich am Ende der vergangenen Unterrichtsstunde ständig innerlich aufs Tempo drückte, um voranzukommen, wollte ich doch in Berlin unbedingt ein Kleid-nach-Grundschnitt nähen, wenn es schon mit dem Frühlingsblazer-nach-Grundschnitt nicht klappt, weil wir gefühlt so lange am Kleidergrundschnitt rumbasteln. Diese scheinbar nicht enden wollende Kleberei am Ärmel fand ich nervig und war ziemlich unkonzentriert am Ende meiner wöchentlichen zwei Stunden. Schon klar, dass ich mich an die Hausaufgaben nicht erinnern konnte. Wir endeten mit einem einigermaßen passablen Ärmel, eingenäht in das graue Probeding und mit Änderungen auf dem Schnitt, der anschließend so zusammengeklebt war, dass ich nicht sicher war, ob ich in als Ganzes mit nach Hause nehmen könnte.



Ich erinnere mich auch, dass ich in den nächsten Tagen danach erst einmal diesen gebastelten Ärmel kopierte, um ihn sozusagen archäologisch zu erhalten. Anschließend nähte ich "das Pepitakleid" (das zeige ich euch am Mittwoch) aus dickem Jersey nach dem im Schnittkurs erarbeiteten Grundschnitt. Ganz korrekt war das natürlich nicht, denn dicker Jersey ist nun mal keine Webware, auch wenn er nur sehr wenig elastisch ist. Ich gebe zu, ich hatte etwas Sorge, den Grundschnitt für 3m schönen Stoff zu nutzen. Was ist, wenns doof wird? Außerdem wollte ich doch kein Kleid nach Grundschnitt nähen - also doch nicht ganz pur, ohne Designelemente. Da ich nun zum ersten Mal mit Hilfe des Grundschnittes ein "Kleid nach Wunsch" konstruierte, beschloss ich zu mogeln und das "Frau Kirsche-Kleid" aus eben diesem festen Jersey zu nähen, welcher Fehler ganz sicherlich verzeihen würde. An den Seiten habe ich die Nahtzugaben weggelassen und anschließend musste ich es noch ein paar Zentimeter an den Seiten und an der Ärmeleinsatznaht enger machen. Aber ich war schon ziemlich begeistert: Das Ding saß und ich hatte eigenmächtig die Abnäher verlegt, das Taillenband eingefügt und ein Rockteil angesetzt. Cool!

Euphorisch beschloss ich, in Berlin das gleiche Kleid noch einmal aus Webware zu nähen. Da ich den Schnitt aber nicht 100% gefällig für mich finde, beschloss ich den wunderbaren Schwalbenstoff noch zu schonen und entschied eine Baumwolle guter Qualität vom Maybachufer zu nehmen, bei deren Muster ich mich schon eine Weile fragte, ob ich es eigentlich mag und wenn ja für was für ein Kleidungsstück. Ich schnitt sorgfältig zu und nähte leider weniger sorgfältig beim Nähkränzchen, da ich von fremder Nähmaschine und netter Gesellschaft doch ziemlich abgelenkt war. Da mir die Leihnähmaschine schon beim ersten Unterfaden aufspulen etwas böse und ich aufgrund der nächtlichen Pyjamapartys mit Frau Kirsche auch nicht wirklich fit war, beschloss ich das Nähen in Berlin bei erneut leerer Spule zu beenden und lieber interessante Gespräche mit Frau Nahtzugabe auf der sonnigen Dachterasse zu führen.

Als ich im Laufe der Woche über meine Hausaufgaben nachdachte, fiel mir natürlich recht schnell ein, dass ich versprochen hatte, den konstruierten Ärmeln noch einmal aus gefälligerem, feineren Stoff zu probieren und zur Abwechslung, auch mal zwei Ärmel in ein Kleid einzusetzen. Das Jerseykleid fiel als Hausaufgabe aus, das war ja gemogelt, also musste ich gestern am späten Abend, als ich endlich Zeit fand und den mies eingesetzten Reißverschluß wieder herausgetrennt hatte, todmüde noch mal die Ärmel einnähen.



Jetzt geht es endlich los mit dem Kursbericht: Obwohl ich selten so schlampig genäht habe, wie an diesem Kleid und auch die gestern eingesetzten Ärmel alles andere als gut eingesetzt waren, war meine Lehrerin recht angetan. Hier und da gäbe es noch etwas zu verbessern, aber sie fand es im Ansatz gut und auf jeden Fall tragbar. Habe ich schon mal erwähnt, dass ich ihren leichten Hang zur Unperfektion liebe? "Vorne sitzt es doch schön und hinten kann man noch was machen!". Blöd ist nur, dass ich vermutlich beim Autofahren Beklemmungen bekomme, wenn ich die Hände wie üblich ans Lenkrad halte. Es folgte nach Korrekturvorschlägen, die hinteren Abnäher betreffend, eine kleine Abhandlung ihrerseits, in der es um den Spagat von perfektem Sitz und Bewegungsfreiheit ging. Das Resümee:  wir sind alle ein wenig "Jersey-verdorben" und erwarten auch von einem Kleidungsstück aus Webware, den gleichen Komfort. Letzte Woche hatten wir im Rückenteil am Armloch noch etwas weggenommen - das sah nun gut aus, fehlte aber ein wenig beim Arme heben. Es kann also sein, dass der Schnitt, der ziemlich gut sitzt, so eher zu Beifahrerinnenkleidern führt. Die Optimierungen waren zwar ansehnlich, aber um einen bequemen, gut sitzenden Ärmel zu bekommen, mußten wir es noch einmal von Neuem und ganz anders versuchen. Aber das war uns auch in der letzten Unterrichtsstunde schon klar.

Genau wie Ursula in den Kommentaren meines letzten Beitrages zum Thema Schnittkonstruktion schon erwähnte, war schon damals der Plan, zunächst einen Ärmel mit einer zusätzlichen Oberarm-Naht zu konstruieren und anschließend noch einen Zwei-Naht-Ärmel. Genau wie bei einer Naht senkrecht im Rückenteil, kann bei einem Ärmel mit zusätzlicher, geschwungener Naht genau dort Weite zugegeben werden, wo sie gebraucht wird. Wir erinnern uns: das Dilemma und die Bastelei begannen genau an der Stelle, als der Ärmel zwar für das Armloch passend konstruiert war, aber Oberarm-Weite fehlte. Um zusätzliche Weite reinzubringen wurde aufgeschnitten, aufgesperrt und gebastelt und vom ursprünglich konstruierten Ärmel blieb eigentlich nicht mehr viel übrig.

Heute konstruierten wir also den Ärmel fast identisch noch einmal neu. Wir veränderten noch mal am Rückenteil das Armloch, in dem wir einen Tick der Weite im Rücken noch mal zugaben, die wir vorher aus optischen Gründen herausgenommen hatten. Außerdem nutzten wir nicht die Formel(1/10 AU./. 0,75)  sondern das Kontrollmaß (Ad + 5) zur Bestimmung der hinteren Ärmellinie, was die Kugel etwas Richtung Vorderteil verschob. In diesem zweiten Anlauf erhielten wir schon signifikant weniger Einhalteweite, was mich sehr glücklich machte, zählt doch Einhalten noch nicht wirklich zu meinen Stärken. Anschließend teilten wir den Ärmel senkrecht für die zusätzliche Naht und zeichneten sanfte Rundungen, um  an der richtigen Stelle, auf Höhe des Oberarms, genug Weite zu erzeugen. Ihr ahnt, was meine Hausaufgabe ist?

                                  hier kommt noch ein Bild des neukonstruierten Ärmels

Da wir das Armloch am Rückenteil des Grundschnittes änderten, kann ich nicht auf meine ersten Modell oder das Kleid nach dem Grundschnitt zurückgreifen, um den neukonstruierten Ärmel einzusetzen. Ich nähe also noch mal ein Vorderteil und ein Rückenteil samt Abnäher zusammen. Dieses Mal habe ich aber den Ehrgeiz, dass es im Gegensatz zu den Modellen in pink und grau, doch zumindest einigermaßen tragbar wird. Als nächstes werde ich also eine Bluse nähen. Jetzt, wo der Schnitt schon einigermaßen ist, brauche ich keinen ganz doofen Stoff zu nehmen/kaufen sonder kann mit Stoffen aus dem Lager arbeiten,  die mich ein bisschen ratlos machen, warum ich sie eigentlich kaufte, in der Hoffnung, dass wenigstens ein brauchbares Blüschen dabei heraus kommt. Ich überlege noch, welche Blusenform geeignet wäre, bei der ich mich nicht besonders mit Kragen und Knopflöchern beschäftigen muß, sondern nah am Grundschnitt bleibe. Da fällt mir schon noch etwas ein, denn Abnäher verlegen kann ich ja nun und geeigneter Stoff wird sich ganz sicherlich im Lager finden. Bleibt nur noch das Zeitproblem, aber immerhin habe ich schon einen Teil meiner Hausaufgabe erledigt: den Bericht für den Blog.

Achso, eins vergaß ich noch: ein gefühlter Höhepunkt meines heutigen Unterrichts war, als ich endlich das Knipsding (Kerbschnittzange, Knipser, Kerbschnitzer) benutzen durfte, um Passzeichen in meinen Schnitt zu machen. Hach, ich bin immer noch verliebt in das Ding und es gibt sogar ein Profiwerkzeug für die kleinen Kreise zur Markierung der Abnäher! Ich bin hin und weg, so ein Schnickschnack ist genau meins, deswegen habe ich auch ein Foto für euch.

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