Hach, war das aufregend, als "CHERMES" klingelte und ich ahnte, dass das das #Stoffwechsel-Paket sein könnte! Als ich das Masking-Tape sah, war es klar, dass es von einer Frau ist, könnte also sein, kurzer Blick auf den Absender, aha, das kommt mir bekannt vor, ich habe eine Hypothese. Aber wir sollen ja nicht raten, wer die Absenderin ist, es geht ja um den Stoff! Meine Güte, war das Paket fest zugeklebt!
Erstmal Erstaunen meinerseits als ich den Stoff sah. Hatte mein Vater nicht mal so ein Hemd? Vor 25 Jahren gekauft und immer noch abgeliebt im Sommer getragen. Floral, Pflanzen, keine Blumen. Pflanzen, eigentlich gar nicht mein Beuteschema. Der Blümchenmonat wirkt noch nach. Aber es sind ja keine Pflanzen und es ist auch nicht Hawai. Es sind vor allen Dingen schöne Farben. Das dominierende Blau gefällt mir, das ist fast türkis und geht auch mit petrolfarbenen Accessoires. Bingo!
Ich legte den Stoff erstmal zur Seite, wir würden ja noch Zeit haben, uns in Ruhe kennenzulernen. Das ist doch klar, dass wir uns noch ein wenig fremd sind - das geht mir mit einem fremden Kind auch so. Das Paket war so toll, ein langer, langer Brief mit Zeichnungen, eine Ideensammlung-vor-dem-Kauf und eine Ideen-Sammlung-nach-dem-Kauf. Wow, ich war so beeindruckt, dass ich auch noch einen Brief meinem Paket hinterher schickte. Auch wenn das natürlich die Kreativität lenkt, ist es doch super spannend zu verraten, was hinter dem Stoffkauf gedacht wurde - ich dachte, wir machen das dann online. Aber es war so nett, dass Gesamtpaket mit Schnitt und Brief und Ideen auszupacken, dass ich einen Brief hinterherschickte, auf die Gefahr hin, als Stoffwechsel-Partnerin enttarnt zu werden.
Natürlich habe ich wieder geraten: Aha, die Dame geht sehr wissenschaftlich vor: gründliche Einkaufsvorbereitungen und im Nachhinein Skizzen. Sie behauptet, sie könne nicht malen. Pfft, das stimmt ja wohl nicht! Ich glaub, ich weiß, wer es ist! Sind wir am Ende ein Paar und es ist diejenige, der ich meinen Stoff schickte? Ich vermute das doch sehr.
Nachdem ich die Vorschläge auführlich 3x studiert hatte (Blusenideen, aber genügend Stoff für einen Teller oder ein Kleid), nahm ich den Stoff, ging ins Schlafzimmer und drapierte ihn an mir vor dem Spiegel. Ooch, gar nicht so schlecht. Den hätte ich nie gekauft, aber er passt zu mir! Zu meiner Mutter auch, dachte ich, und schob kichernd den Gedanken zur Seite. Spannend, war das Paket eigentlich für meine Eltern? Oder bin ich ihnen ähnlich genug, dass es ein Stoff für mich ist und ich es nur nicht erkannt hätte, wenn ich ihn auf dem Ballen sah. Stoffwechsel ist Selbsterfahrung inklusive.
Burde würde bestimmt mit Safari-Motto ein Hemdblusenkleid draus nähen. Mit Taschen auf der Brust. Na, ich bin ja nicht Burda und Taschen auf der Brust währen dann ja doch etwas zu viel des Guten. Ob ich von der Dschungel-Assoziation loskomme? Irgendwie ist mir das zu einfach: Pflanzen = Dschnungel. Wie könnte ich diese Assoziation ironisch brechen? Bin gespannt, was mir einfallen wird. Ich bin noch etwas ratlos.
Der Stoff sagte sehr bestimmt, dass er ein Kleid werden will (ist ja auch genügend Stoff da) und flüsterte dezent "mit Wasserfallkragen". Grundgüte, wie ein Wasserfallkragen konstruiert wird, das weiß ich doch noch gar nicht! Da muß ich wohl meine Lehrerin fragen. Ansonsten will er entweder sehr schlicht verarbeitet werden, damit das Muster nicht erschlägt - also keine Puffärmel, keine Kräusel oder gedöns - höchstens rote Paspeln würde er akzeptieren, sagte er. Aber allerhöchstens! Aha, interessant. Keine blauen? Nein rote! Nun gut, wenn der Stoff das so will. Aber in diesem rot habe ich gar keine Paspeln. Na, dann kauf welche, schimpfte er. So ein eigenwilliges Ding, dieser Stoff, da müssen wir noch mal reden.
Bis dahin drapiere ich ihn mir noch ein paar Mal über die Schulter und setze mich mit ihm in die Selbsterfahrungsgruppe, um mal drüber zu reden. Wir werden uns schon einig werden, da bin ich mir sicher! Und wenn wir uns über Kleiderschnitte nicht einigen können, der Stoff und ich, dann wird es ein 3/4-Teller. Denn der steht sowieso noch auf dem Näh-Plan und kann eigentlich gar nicht falsch sein. Sollte ich also, am Ende der Aktion in Entscheidungsschwierigkeiten und Zeitnot sein, ist der 3/4-Teller die schnelle Nofall-Lösung. Das bald noch zu nähende rote Jackett wird genauso gut dazu passen, wie das schon bald fertige Jeans-Jackett.
Die Fotos mit dem drapierten Stoff finde ich auf jeden Fall schon mal eine tolle Sache. Das mache ich ab jetzt öfters, denn wie ein Stoff von Ferne, als Gesamtding aussieht, entscheidet bei mir ganz oft darüber, ob ich das Teil mögen werde oder nicht. Ich bin immer wieder überrascht, wie unterschiedlich Muster aus der Nähe und der Ferne wirken.
Aber am allerwichtigsten: Stoffwechsel ist eine tolle Aktion. Danke dafür Frau Siebenhundertsachen! Irgendwie bin ich sogar noch gespannter, was die von mir beschenkte Partnerin aus dem Stoff, den ich für sie aussuchte machen wird. Und alle anderen Stoffwechslerinnen! Hach, ist das aufregend!