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Accessoires-Legasthenie

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Vorletzte Woche hatte ich dann doch eine Menge mit dem Hochzeitsoutfit zu tun, das ich im Vorfeld eigentlich gar nicht als Herausforderung betrachtet hatte. Die Entscheidung für ein Hat-Frau-Kirsche-auch-schon-mal-auf-einer-Hochzeit-getragen-Schwalbenkleid viel eigentlich schnell und leicht, aber dann kam der Rest. Da ich den Frau-Kirsche-Kleid-Schnitt dieses Jahr schon ein paar Mal genäht hatte und diese Kleider auch regelmäßig trage, wollte ich das Kleid schon noch ein bißchen festlicher als die anderen machen. Ich freute mich wie Bolle darauf, endlich mal wieder mit meinem Mann auszugehen, so dass ich natürlich besonders schön sein wollte. Aber was tun, wenn frau eine Accessoireschwäche hat?


Nach meinem Geständnis meiner Accoessorieschwäche auf twitter, folgte dort eine sehr unterhaltsame Diskussion zwischen Nähnerds über Accessoires. Irgendwie triggerte mich die Aussage "wann denn (rausputzen), wenn nicht zu so einem Anlass". Stimmt, dachte ich mir. Im normalen Leben siegt bei mir immer die Einfachheit und Bequemlichkeit. Ich schminke mich seit 25 Jahren gleich (nur Lidstrich, Wimperntusche und hin und wieder die Augenbrauen), ich trage Taschen, in denen der halbe Haushalt Platz hat und bequeme Schuhe. Ich könnte zum Anlass ja mal ein bißchen experimentieren.

An einem  Nähsamstag, an dem wenig klappte, schaute ich nacheinander ein paar Folgen Shoppingqueen und staunte, wie selbstverständlich die Damen auf der Jagt nach Accessoires waren. Ich kann nur vermuten, dass zu der Zeit, in der die Accessoire-Ausbildung junger Mädchen stattfindet, ich mit dem Öko-und-Weltverbesserungs-Trip so beschäftigt war, dass ich den entscheidenenden Kurs verpasste. Aber inspiriert war ich schon.


Obwohl ich absolut keine Ahnung hatte, was ich hinein tun könnte, fiel mir zuerst eine Clutch ein. Wie gesagt, ich nutze keinen Puder und keinen Lippenstift, fotografiere nicht mein Essen, um es zu posten und den Autoschlüssel brauchte ich auch nicht, weil der Gatte fahren wollte. Als ich nach Kauf-Clutches forschte, mochte ich am liebsten ein schlichtes, teures Lederteil - aber 50 Piepen ausgeben, für etwas, das ich eigentlich gar nicht brauche, war mir dann doch zu viel. Also vertagte ich das Problem und wandte mich den anderen Accessoires zu.

Aufgrund meiner Nickelallergie, trage ich eigentlich nur echten Schmuck. Da ich aber eher der schlichte Typ bin und damit meine ich "vergesse ich morgens ohnehin anzuziehen" und nicht "mir liegt mehr die unauffällige Kleidung", habe ich zwar Schmuck, aber nicht sehr viel und auch eher von der Kategorie "Büro-Schmuck" als "Abend-Schmuck". Außerdem bin ich in Buschi-Muschi-Boutiquen, ihr wisst schon, diese Modeschmuck-Kette, hilflos überfordert. So ging es mir auch, bei meinem ersten Erkungungsgang. Als mich die Verkäuferin fragte, ob sie mir behilflich sein könnte, floh ich wie ein verschrecktes Huhn aus dem Laden und wünschte mir die helfende Hand einer Freundin.




Zwei Tage später versuchte ich mutig erneut mein Glück und mutig liess ich mich sogar beraten. Das war eine gute Idee. Denn als mir die Verkäuferin Armbänder (dazu hatte ich mich wegen des hohen Ausschnitts entschlossen) brachte, wusste ich immer in sekundenschnelle, was ich akzeptabel oder unmöglich fand. Kurz entschlossen kaufte ich mir ein Armband in der Hoffnung, dass sich der Rest dann dazu wie von selbst fügt.


Gegen eine Blume im Haar entschied ich mich, nachdem ich ein paar Stunden damit zubrachte, Retro-Frisuren-Videos auf Youtube anzuschauen und mich anschließend kaputt zu lachen, wenn ich das Ergebnis im Bad im Spiegel sah. Das bin ich einfach nicht! Ich erinnerte mich sehr an die Konformandin, die ich einmal war, die damals auch nicht gut zu Kleid und Frisur passte. Was war ich damals enttäuscht, dass ich so gar nicht dem Bild von mir und meinem Kopfkleiderschrank entsprach!

Ich kaufte mir sogar zwei rote Lippenstifte und weitere Schminkausrüstung. Das Puderläppchen meines 11 Jahre alten Puders zerfiel in Einzelteile - ich war allerdings zu geizig, mir neuen Puder zu gönnen, weil ich das Gefühl von Puder oder Make up auf der Haut so hasse und Puder eigentlich nur nutze, wenn Scheinwerfer und Kameras auf mich gerichtet sind. Zugegebnermaßen passiert das eher selten. Wozu also in neuen Puder investieren. Ich schminkte mich zur Probe und konnte mich mit dem Augenglitzer anfreunden, Make up und ich, das wird wohl nix mehr in diesem Leben und den Lippenstift fand der Gatte doof.



Immerhin, jetzt hatte ich ein bißchen was, um in die Clutch zu packen und nähte mir eine aus dem Rest des Tussitaschenmaterials (ich glaube, die häufig benutzte Tussitasche hatte ich nicht gebloggt) und einem interessantem Material namens Scuba (Neopren). Permuttfarbenes Kunsleder außen, schwarzes Neopren innen. Siehe oben. Sagen wir so. Ich finde sie ok, irgendwie gefällt sie mir sogar. Aber ich kapiere das Prinzip Clutch  immer noch nicht. Wohin mit dem Ding auf dem Klo?

Irgendwann war ich erschöpft von dieser Accessoirevorbereitungsodysee und trug zusätzlich nur  noch eine selbstgebasteltet Ansteckblume am Kleid und olle schwarze Schuhe. Letztlich, war es sowieso egal, denn ich hatte das schönste Kleid des Abends an - das muß ich aber noch fotografieren, falls es nicht beim Waschen eingelaufen ist, denn ich befürchte, ich hatte vergessen, den Stoff vorher zu waschen - und den tollsten Mann dabei.

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