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Die Gedanken fliessen beim Nähen

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Kennen wir uns irgendwoher?

Gestern habe ich zum ersten Mal seit langem wieder genäht. Ich hatte das Gefühl, dass mein Nähmaschine mich siezt und die Overlock musste erst mal auf sommerliches weiß umgefädelt werden. Ich hatte schon vor ein paar Tagen damit begonnen, wieder ins Nähen einzusteigen: Einlage aufgebügelt, fehlende Teile zugeschnitten und auf den Moment gewartet, an dem ein Zeitfenster mal groß genug wäre, um beide Maschinen aufzubauen. Gefühlt hatte ich zwei Monate lang nichts genäht. Das stimmt glaube ich nicht, denn ich habe zwischendurch eine Strickjacke-für-die-Tonne, eine Strickjacke und ein Kleid genäht, die ich auch beim MMM zeigte. Aber gefühlt war ich die letzten zwei Monate krank und kam zu gar nix. Jedenfalls hängen das unfertige Winterkleid, das ich bei der Annäherung nähte und der unfertige Wollrock, nun ungesäumt im Schrank und wartet auf den Herbst.

Als ich gestern nähte, fragte ich mich, wie lange ich eigentlich für so ein Hemdblusenkleid brauche. Es sind ja schon viele Schritte: Schnitt basteln, Zuschneiden, Einlage aufbügeln, grob zusammennähen, versäubern, Ärmel einsetzen, Details wie Kragen nähen, Knöpfe und Knopflöcher und nicht zuletzt der Saum. Ich habe seit Ewigkeiten keinen freien Tag mehr für mich gehabt, an dem ich so ein Projekt zügig runternähe und auch in Zukunft, sind wenn dann eher "Näh-Häppchen" in Sicht. Wie lange brauche ich dann für so ein Kleid. Ist es nicht quatsch, von diversen farblichen Variationen zu träumen (und Stoff dafür gekauft zu haben), wenn ich ohnehin nicht zum Nähen komme?

Auf weiß gefädelt für Sommerkleider

Und dann erinnerte ich mich daran, wie routiniert und schnell ich letztes Jahr genäht hatte. Anfang des letztens Jahres hatte ich mir für das Nähen Zeit genommen, denn genau vor einem Jahr, im April 2015, war ich in Berlin für die Fernsehaufnahmen für "Geschickt eingefädelt". Damals hätte ich gesagt, "Ach, in 6-8 Stunden tackere ich dir so ein Kleid zusammen". Die Chuzspe und die Routine sind mir seit dem irgendwie abhanden gekommen. Aber ich habe ohnehin keine ungestörten 8 Stunden.

Meine Gedanken konnten sich von dem Thema gar nicht losreißen. Was war das für eine verrückte Aktion letztes Jahr! Ab gesehen davon, wie schwer es war, sich für einen kompletten Monat von der Familie und den beruflichen Verpflichtungen freizuschaufeln und wochenlang vorher zu üben, bis die Nadeln qualmten. Wir nähten damals, als gäbe es nichts anderes im Leben. Fast täglich gingen wir in das Haus, in dem die Sendung gedreht wurde und nähten und nähten und nähten. Es war eine geschlossene Gesellschaft, völlig getrennt durch Zeit und Raum von dem normalen Leben. Verrückt.

Gestern beim Annähen des Kragens an mein Hemdblusenkleid, machte ich viele Fehler und nähte alles andere als routiniert. Kein Wunder, wenn der Kragen nur schlecht dran passt, wenn ich vergessen habe, rechtzeitig eine Stütznaht in den Halsausschnitt zu nähen! Der Stoff verzeiht viel, allerdings auch eher nicht, dass ich den Kragen aus versehen mit Nahtzugabe zugeschnitten habe - die 70er Jahre sind zurück! Mal schaun, ob an dem Kleid noch etwas zu retten ist.

Trotzdem, es hat mir gut getan und Spaß gemacht, mal einen halben Tag blau zu machen und einfach zu nähen. Ich habe in letzter Zeit viel zu viel gearbeitet. Ich sollte öfter mal wieder nähen und dann werde ich auch wieder schneller und besser und der Traum von mehreren neuen Hemdblusenkleidern in verschiedenen Farben ist gar nicht mehr so absurd. Ganz abgesehen davon, dass mir die kontemplative Beschäftigung gut tun würde und ein neues Kleid einfach gute Laune macht.

ein bisschen pervers: ich mag Ärmel einsetzen!


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