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Plötzlich Lust auf Hosen!

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Seit Wochen gehe ich mit dieser merkwürdigen Idee schwanger. Die Metapher passt ganz gut, hatte ich doch das Gefühl, ich darf es noch niemand erzählen, bevor ich mir nicht ganz sicher bin. Dann gestern das Geständnis:




Was folgte war kein Entsetzen, keine Verwunderung, keine Empörung (was hatte ich eigentlich erwartet?), sondern Interesse, die Hypthese, das ein Hosentrend in der Luft liegen könnte, die Idee eines Sew Alongs und Bekenntnisse, es auch gerne mal mit einer Hose zu versuchen. Ich versprach am nächsten Tag, also heute, darüber zu bloggen. Achtung, es wird lang.




Hosen und FrauCrafteln? Kommt euch das auch komisch vor? Wenn ja, dann liegt es daran, dass ich außer einer Rumlümmelhose (die, ganz nebenbei, auch furchtbar ist, aber man verzeihe mir bitte, ich war jung und unerfahren), niemals eine Hose im Blog gezeigt habe. Ich habe zu keinem Zeitpunkt bewußt entschieden, keine Hosen mehr tragen zu wollen, aber irgendwann hatte ich einfach so viel schönere Röcke und Kleider, dass es einfach passierte. Ich weiß gar nicht mehr genau wann, aber ich vermute, dass ich jetzt zwei oder drei Jahre keine Hose mehr getragen habe. Stopp, das stimmt so auch nicht, denn zuhause trage ich im Winter durchaus eine bequeme Hose aus dem Sportsegment, aber sobald ich das Haus verlasse oder Besuch bekomme, trage ich sie nicht mehr.

Ich kann allerdings sehr genau sagen, wann ich in den letzten Monaten das erste Mal das Bedürfnis nach einer Hose für die Welt da draußen hatte: am 26. März diesen Jahres. Es war, als Frau Kreuzberger Nähte beim MMM ihre Hose zeigt und absolut überzeugend argumentierte, dass im Frühling irgendwann so eine Abneigung gegen Strumpfhosen entsteht und an Tagen, an denen es mit Rock aber ohne Strümpfe zu kalt sein sollte, eine Hose einfach eine überzeugende Lösung wäre. Ich fand ihre Hose hübsch, wusste aber, dass das absolut kein Modell für mich wäre und packte den Gedanken, FrauCrafteln vielleicht doch mal wieder in Hosen, weg.

Aufgehört hatte es für mich mit den Hosen, als ich mich vor ein paar Jahren in einer Busfensterscheibentür gespiegelt sah. Ich trug Jeans und ein ordentliches weißes T-Shirt. Das war meine "geht eigentlich immer und fast überall"-Kleidung über viele Jahre. Ich sah mein Spiegelbild und wusste "das geht ganz und gar nicht". Die Porportionen stimmten nicht. Mein Körper sah merkwürdig unterteilt aus. Über dem Hosenbund sah ich deutlich meinen nach der Schwangerschaft erworbenen Zweitbauch durch das weiße Shirt, das natürlich über der Hose hing, dann kam der Hosenbund und anschließend noch mal Bauch. Es war nicht schön. In allen daraufhin neu genähten Röcken und Kleidern sah ich besser aus. Zunächst versuchte ich es mit Tuniken, der Klassiker. Tuniken waren schon etwas besser, verlängerten sie doch meinen Oberkörper und brachten mit Prinzessnähten etwas Form in meinen Körper. Zu diesem Zeitpunkt meines Nähkönnens, fand ich passformgenau Tuniken extrem herausfordernd. Heute würde ich das hinbekommen, aber es reizt mich nicht mehr - vielleicht, weil es so ein klassisches Dicke-Frauen-Kleidungsstück ist.

In den vergangenen Näh-Blog-Jahren beschäftigte mich immer wieder die Themen Taille und Gürtel und viele, die mich schon länger lesen, werden sich daran erinnern. Das Schöne am Nähen ist, dass es möglich ist, nach Lust und Laune zu experimentieren. Lange Zeit lehnte ich Gürtel für mich komplett ab, dann traute ich mich, es mal mit Gürteln zu probieren, derzeit liebe ich in Kleider integrierte Taillenbänder als dezente aber bequeme Taillenbetonung. Bei all der Experimentiererei stellte sich für mich aber stets die Frage: wo ist denn genau meine Taille bzw. welche Stelle möchte ich betonen, um die Silhouette zu modellieren. Als ich in den letzten Wochen über Hosen nachdachte, fiel mir auf, dass ich im Laufe des Lebens schon an sehr unterschiedlichen Stellen den Hosenbund trug. Irgendwie hängt die Frage nach der Taille also auch mit Hosenformen und Hosenmoden zusammen.

Eine Assoziation, die ich zu Hosen habe, sind ältere Damen, die sehr hoch geschnittene Hosen tragen und dadurch einen merkwürdig verkürzten kurzen Oberkörper haben. Als Frau mittleren Jahrens, schaue ich mir junge Frauen, mittelalte Frauen, ältere Frauen und alte Frauen an, versuche mich zu verorten und überlege, wohin die Reise noch hin geht. Diese älteren Damen mit den ungewohnt kurzen Oberkörpern fielen mir auf. Das konnte ich mir für mich zunächst ganz und gar nicht vorstellen. Aber warum tragen sie das so? Ist es bequem? Sind sie es so gewohnt? Mag ich es nur nicht, weil es für mich so ungewohnt ist?

Aber auch tiefer geschnittene Hosenbünde sind nichts für mich. Soll der Bund zwischen Bauch I und Bauch II? Soll ein tiefgeschnittener Bund Bauch I noch mal teilen? Wo soll der Bund hin? Und warum ist das so ein Problem. Wenn ich Röcke trage, dann geht das doch irgendwie auch. Geht es? Auch bei Röcken und Kleidern habe ich das Problem, dass ich nicht immer weiß, wohin der Gürtel soll. Durch meinen Schnittkurs weiß ich nun, dass das Problem Taillensenkung heißt: bei dicken Frauen sitzt die Taille hinten höher als vorne zwischen Bauch I und Bauch II. Wenn ich Röcke nähe, dann löse ich das Problem mit dem Rockabrunder. Ich ziehe den fast fertigen Rock an und markiere mit dem Rockabrunder vom Boden die gleiche Höhe, was dazu führt, dass meine Röcke hinten länger sind als vorne. Beim Hosennähen muß das auch irgendwie berücksichtigt werden, es erscheint mir aber komplizierter - geht es bei Hosen nicht nur um "Platz für den Po", sondern auch noch um eine schöne Passform und Bewegungsfreiheit.

Wie ich oben schrieb, war Frau Kreuzberger Nähte der erste Anstoß, über Hosen in meinem Leben erneut nachzudenken. Der zweite Anstoß kam durch den Badenixen-Sew Along. Im Zuge des Badenixen-Sew-Alongs wurde ich auf hochgeschnittene Bikinihosen aufmerksam. Letztes Jahr las ich bereits über den "Fatkini" und wunderte mich über die Hosenform. Dieses Jahr gewöhnte ich mich an den Anblick - alles eine Frage der Sehgewohnheiten und der Häufigkeit! - und überlegte, ob ich aus dem misslungenen Bombshell nicht lieber einen Bikini mit hoher Hose zaubern sollte.




Ohne es ausprobiert zu haben, vermute ich, dass so hoch geschnittene (Unter-)hosen, sollten sie denn gut passen, super bequem sind. Wahrscheinlich müssen wir uns auch noch an den Anblick auf der Wäscheleine von solchen Hosen mit königlich viel Stoff gewöhnen. Ich habe noch die Stimme meiner Mutter im Ohr, die etwas sagt wie "damit kannst du 10 Pfund Kartoffeln holen". Will ich aber nicht.

Als ich über derartig hochgeschnittene Unterhosen nachdachte, fiel mir auf, dass "Shapewear" sich auch dieser Form bedient und dass früher Hosen auch viel höher geschnitten waren. Interessant dachte ich. Vielleicht wäre das eine Lösung für mein Problem mit Bauch I und Baum II.

Und dann sah ich sie!

Anfang Juli saß ich in Berlin in der Tram und fuhr an einer Frau mit einer Jeans vorbei, die fast bis unter den Busen reichte. Es war ein sehr hoher Bund. Ich konnte nur kurz sehen und leider nicht genauer studieren, was das für eine Hose war, was ich erkannte, waren dekorativ aufgesetzte Taschen vorne und eine wunderbare Figur von Hinten. Ich vermute, der Reißverschluß war in der Seitennaht. Ich war entzückt. Das Bild dieser Frau in dieser Hose ließ mich nicht mehr los. Ich mußte immer wieder an diese Hose denken. Mir schwante, dass zwei Dinge absolut ausprobierenswert wären: ein hoher Bund und der Reißverschluß in der Seitennaht.... und es dauerte nicht lange, als auf twitter genau diese zwei Ideen nach meinem Geständnis geäußert wurden.

Kurz und gut: ich habe Lust, so eine Retro-hochgeschnittene-Hose-mit-Reißverschluß-in-der-Seite zu nähen.

Aber ich habe keine Lust auf einen klassischen Sew Along.

Ich komme mit den Zeitvorgaben eines Sew Alongs nicht zurecht. Für die einen müssen die Termine recht zügig beieinander liegen, damit sie motiviert sind, für die anderen (wie für mich) artet das in Stress aus, zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig werden zu müssen, um dabei zu sein.

Da aber mehrere Nähnerds auf twitter Interesse an Hosen bekundet haben, rufe ich jetzt mal den Hosen-Näh-Herbst aus. Oder hat eine ne bessere Idee, wie wir das nennen können? Wir nähen nicht gemeinsam, aber ich sammele unsere Erkenntnisse. Das heißt, ich stelle ein Linktool an bestimmten Tagen zur Verfügung und ich schreibe auch Posts zum Thema, aber es geht nicht darum, sich an einem bestimmten Tag mit einem bestimmten Nähfortschritt zu verlinken, sondern nur zu einem bestimmten Thema. Wie ich das mit den Terminen, der Öffnungsdauer des Linktools lösen will, weiß ich noch nicht. Dazu - und in welche Themenblöcke ich das Thema unterteile - mache ich mir noch Gedanken. Mir geht es um einen langen Zeitraum ohne Stress und um eine Ideen und Quellensammlung - motivieren müsst ihr euch selbst. Mir schwebt ein langer Zeitraum von August bis Ende des Jahres vor, denn ich will auf jeden Fall Stress vermeiden. Habt ihr auch Lust auf Hosen und Lust gemeinsam darüber nachzudenken, Hosen zu nähen und euch darüber auszutauschen?

Mir kommt das alles so verrückt vor. Hosen? Ich? Aber ich habe Blut geleckt und will es zumindest ausprobieren. Ich habe mir fest vorgenommen, wieder häufiger "den Quatsch ernst zu nehmen" und deshalb nähe ich jetzt (also irgendwann in den nächsten Wochen) so eine Hose. Verrückt!



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