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Nicht mehr dick

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Frau Rubinengel hat mich zu der von ihr organisierten Aktion "Big is Beutiful" eingeladen und ich versprach ihr, eine ausführliche Antwort.Seit der Ankündigung der Aktion, denke ich darüber nach, warum ich nicht daran teilnehmen möchte. Was genau stört mich daran?

Meine schlichte Antwort "ich bin nicht mehr dick" - ist natürlich alles andere als einfach. Nach objektiven Kriterien (gibt es Objektivität?) gelte ich mit meinen Maßen als "große Größe", als dicke Frau, als außerhalb der Norm. Doch für mich sind diese Kriterien nicht maßgeblich.

"Dick sein" als Problem, bedeutete für mich eine lange Zeit:
  • keinen Spaß am Shoppen zu haben, weil es in den interessanten Läden sowieso nichts für mich gab.
  • Kleidung zu tragen, die ich eben bekam, die mir aber in den meisten Fällen nur mäßig gefiel. 
  • Kleidung zu tragen, die angeblich "kaschiert", mir aber eher ein Litfasssäulen-Gefühl gab. 
  • Kleidung zu tragen, die mir zwar gefiel, aber irgendwo zwickte und zwackte, an mehreren Stellen zu klein war oder nicht meinen Qualitätsmaßstäben entsprach. 

Lange Zeit dachte ich, dass ICH das Problem wäre. Für MICH gibt es einfach keine schöne, gute, vorteilhafte Kleidung. Mit meinem nicht der Norm entsprechenden Körper - selbst schuld - gibt es einfach nicht Gescheites. Lange Zeit dachte ich, die Lösung des Problems wäre Abnehmen, das wird ja auch aller Orten gepredigt, bis ich den Irrtum und die Gefahr dahinter erkannte

Als ich 2010 mit den Nähen begann, hatte ich die Hoffnung, das Problem auf ganz andere Weise zu lösen. Mit zunehmender Näh-Erfahrung, dem Ausprobieren von verschiedenen Stil-Optionen gelang ich zu der Erkenntnis: nicht ich bin das Problem, sondern das, was es in den Läden zu kaufen gibt. 

Daraus folgere ich: 
wenn dick sein = doofe Kaufkleidung das Problem ist, 
--> ich nähen kann, was ich will, 
--->dann existiert das Problem "dick sein" nicht mehr 
--> folglich bin ich nicht mehr dick. 

Die Aktion "Big is Beautiful" scheint genau dieses Problem lösen zu wollen. Es soll eine Sammlung von Ideen, Tipps, Schnittmustern sein, um Dicken die Möglichkeit zu erschließen, die Kleidung für sich zu produzieren, die sie haben wollen. An sich eine gute Idee. Aber sie passt nicht zu mir. Meine Problemlösung habe ich nicht gefunden, in dem ich mir dicke Frauen angeschaut habe, sondern in dem ich mir am Me-Made-Mittwoch Kleidung an Frauen angeschaut habe, die mich angesprochen und meinen Kopfkleiderschrank inspiriert haben. Ich liebe den MMM für die Vielfalt an Optionen, die er aufzeigt. 

Es ist mir fremd, mich einer Gruppe aufgrund eines gemeinsamen Merkmales zuzuordnen. Ich möchte mich auch nicht mit anderen gelockten Blondinen darüber unterhalten, welche Farben und Muster uns stehen. Ich empfinde meine "anderen Maße" als gleichwertiges Problem, das andere mit langen Oberkörpern, einem Hohlkreuz oder unterschiedlich langen Beinen haben. Diese speziellen Ausprägungen der Körperform können beim Nähen berücksichtig werden. Wie wunderbar! Es gibt Lösungen dafür und mit zunehmender Näh-Erfahrung kennt frau ihre Pappenheimer und weiß, an welchen Stellen etwas zugegeben oder etwas weggenommen werden muß. Ich weiß einfach, dass ich für fast alle Schnitte eine FBA machen muß, um meine Oberweite unterbringen zu können, ich weiß aber auch, dass ich im Hohlkreuz etwas an Weite wegnehmen muß, damit es kein Sack wird. Aber muß ich mich deswegen einer Gruppe anschließen, nur weil wir alle das Hohlkreuzproblem haben? Ich bin von Sternzeichen Zwilling - Zwillinge haben es nicht so sehr mit Bindungen. 

Meine Lösungen:

Inspiration: Me Made Mittwoch
Schnitte: Knip Mode, Schnittquelle, Schnitte, die mir gefallen, verändern, dass sie mir passen
Anleitung für FBA: sewn sushi
Strumpfhosen: C&A und Funnylegs
Basic-Shirts :H&M
Stiefel mit weitem Schaft: DUO Boots
Bilderquelle, um Schnitte an Frauen in unpopulärem Format zu sehen: Bildersuche von google und ravelry
Stil: nicht mehr versuchen unbedingt so zu sein, wie die sportlichen Frauen mit knabenhaften Körpern

Vielleicht sollte ich diesen Beitrag doch bei "Big is Beautiful" verlinken?

Ich bitte alle, sich hier in den Kommentaren irgendwelche Argumentationen gegen Dicksein, wie sie die Mainstream-Medien predigen, zu unterlassen. Falls sie dennoch kommen, werden sie von mir gelöscht. Ich diskutiere aus dem gleichen Grund auch nicht mehr mit Männern über Feminismus



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