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Heute mal wieder keine Nähzeitschrift gekauft

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Kennt ihr das? Ihr geht voller Vorfreude in einen Zeitungsladen mit dem festen Willen, euch jetzt mal was zu gönnen. Und dann stet frau vor dem Zeitschriftenregal und blättert durch die Ottobre, durch die verschiedenen Burdas, durch meine Nähmode, durch die Victor-Maison-oder-wie-die-heißt und durch den deutschen Ableger der Knip Mode - und geht mit leeren Händen wieder nachhause. Oder geht das nur mir so?

Ich habe das so oft, dass ich durch die Nähzeitschriften blättere und dann doch keine kaufe. Dabei ist das Angebot doch eigentlich unschlagbar: für unter 10 Euro gibt es eine ganze Hand voll Schnitte! Eigentlich ist es doch dumm, diese Hefte nicht zu kaufen. Selbst wenn die Modelle nur zum Teil gefallen, ist es doch so günstig und wer weiß, vielleicht sucht frau ja wochen-, monate- oder Jahre später genau so einen Schnitt!

Vielleicht würde ich dem Kaufimpuls öfter nachgeben, wenn ich eine gängige Kleidergröße hätte, für die das Schnittangebot zum großen Teil gemacht wurde. Für Schnitte, die mir nur so lálá gefallen, nehme ich die Arbeit nicht auf mich, sie nach zu konstruieren oder zu vergrößern. Aber ich bin nicht sicher, all zu oft habe ich das Gefühl, dass sich diese Impulskäufe nicht lohnen. Ich blättere durch Schnittmusterzeitschriften, bin ein paar Minuten unterhalten und realisiere dann doch andere Schnitte. Woran liegt das?

Ein Grund, wieso ich wenig angefixt von Schnittmusterzeitschriften bin, könnte an meiner mangelnden Neugier auf aktuelle Mode liegen. Obwohl ich mich seit ein paar Jahren viel mehr als früher für Mode interessiere, liegt der Fokus meines Interesses doch mehr auf Schnittführung und Details als tatsächlich auf "was gibt es Neues" und "was trägt man heutzutage". "Neues" ist sowieso relativ bei den ganzen Wiederholungen der Moden. Außerdem bin ich extrem langsam in meinen Sehgewohnheiten: ich brauche wirklich lange, um mich an eine neue Silhouette oder Farbe zu gewöhnen. Ein Trendsetter werde ich wohl nie. "Was man heutzutage trägt" interessiert mich auch nicht die Bohne. Wer soll mir denn so etwas vorschreiben?! Ich trage doch, was ich will und was zu meinem Leben passt und glücklicherweise kann ich nähender Weise darauf Einfluss haben.

Ein weiterer Grund meines mangelnden Interesses könnte sein, dass mir allzu oft die Raffinesse in den Schnitten fehlt. Dass Schnitte und deren Variationen mehrfach im Heft gezeigt werden, stört mich nicht. Das hat zumindest den Vorteil, dass ich sehen kann, wie ein Schnitt in unterschiedlichen Materialien wirkt. Mir kommt es aber so vor, als wäre in maximal ein Schnitt pro Heft, Gehirnschmalz und Arbeit reingesteckt worden. Die anderen Schnitte sind irgendwie fantasievolle Aufgüsse dessen, was es immer schon gab und immer wieder gibt. Natürlich ist das nicht abwegig, denn erstens ist es schwer, das Rad neu zu erfinden und auch z.B. die Varianten an Rock-Formen sind endlich. Und na klar verstehe ich, dass ein Heft unter 10 Euro auch irgendwie kostentragend finanziert werden will - aber ich darf es trotzdem langweilig finden.

Je mehr ich aber darüber nachdenke, warum mich Schnittmusterhefte aber so überhaupt nicht interessieren, komme ich zu dem Schluss, dass es nur am Rande mit den Heften und ihrer Aufmachung und dem Inhalt, also den gezeigten Schnitten zu tun hat. Nähzeitschriften sind beliebig. Schnitte, Schnittdetails und Nähideen erhalte ich wirklich NIE aus diesen Heften, sondern ich bekomme sie durch EUCH! Nähinspiration kommt durch die Nähnerd-Comunity! Der Me Made Mittwoch, begeisterte Blogeinträge - sie wecken bei mir die Bedürfnisse. Erst, wenn Leidenschaft mit im Spiel ist, setzt dieses "haben wollen"-Gefühl ein - und dann kann es sein, dass die Nähzeitschrift schon wieder vergriffen und bei der nächsten Ausgabe angekommen ist.

Wir Nähnerds brauchen nicht noch mehr Schnitte! Wir brauchen Schnitte, die einzelne von uns begeistern und dann brauchen wir die Kraft der Gemeinschaft. Wir sind Lemminge! Aber das ist nicht schlimm! Das Tolle am Nähen ist doch, dass wir - obwohl wir vielleicht den gleichen Schnitt realisieren - trotzdem etwas ganz Spezielles daraus machen. Etwas, das zu uns passt und von niemanden sonst auf diese Weise realisiert werden würde; einfach, weil wir wir sind.

Ich hoffe, ich merke mir das, wenn ich mal wieder auf die Idee komme, mir etwas gönnen zu müssen und ein Zeitschriftengeschäft ansteuere. Stattdessen sollte ich mir lieber die Zeit nehmen und in mich gehen und überlegen, was mich in letzter Zeit bei Euch begeisterte und statt faul auf der Couch zu liegen und das Heft gelangweilt durchzublättern, aufstehen, einen Stoff aus dem Lager nehmen, zuschneiden und einen Traum verwirklichen!



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