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Interview von mir mit mir

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Im März hatte ich nicht nur den 1000. Blogbeitrag, sondern auch noch 5 Jahre Blog-Jubiläum. Zeit, mal ein bißchen Resumée zu ziehen, da es sonst keiner tat, habe ich einfach mal ein Interview mit mir geführt.

FrauCrafteln, oder darf ich Meike sagen, seit wann nähst du?

Obwohl ich schon als Teenager genäht habe, würde ich sagen, dass ich erst seit 5 Jahren "richtig" nähe. Als Teenager, in den 80er Jahren, habe ich hauptsächlich unförmige Quadrate zusammen genäht, ein bißchen drapiert, hier und dort etwas abgeschnitten und vor allen Dingen stets am gleichen Abend zur Party angezogen. Ich habe damals weder nach Schnittmustern genäht, noch einen Nähkurs besucht, aber ich war von Stoffen und Selbermachen fasziniert. Doch zu dieser Zeit habe ich viel mehr gestrickt als genäht.

Als mein Kind ein paar Monate alt war, hatte ich den Wunsch, mal ein Wochenende lang irgendetwas zu lernen, etwas für mich zu tun, mit Erwachsenen zusammen zu sein. Da ich zu diesem Zeitpunkt aber sehr fantasielos war, was das sein könnte, wählte ich das Naheligendste: ein Nähkurs, der in der Elternschule angeboten wurde. Ich nähte eine Latzhose, die das Kind zum Weinen brachte, wenn es in seine Nähe kam - danach beschloss ich für mich zu nähen.

Das heißt, du hast dich gleich getraut, Erwachsenenkleidung zu nähen?

Ja, ich habe das weniger als "sich trauen gesehen", als eine Form von Zauberkräften, ein dringendes Bedürfnis zu erfüllen. Für das Kind gab es ja viele niedliche Klamotten, sei es neu oder vom Flohmarkt. Aber ich hatte mit meiner Figur immer Probleme, schöne Anziehsachen zu finden. Als mir das Nähen an sich soweit Spaß machte, dass ich mir eine bessere, als die geerbte Aldi-Maschine wünschte, war es naheliegend, mich um meine Klamotten zu kümmern. Aufgrund meiner Dekorations-Legathenie bin ich auch nie auf die Idee gekommen, Kissen oder Ähnliches zu nähen. Mir ging es von Anfang an um Klamotten.

Und Taschen? Hast du auch Taschen genäht?

Auch Taschen waren für mich nicht von größerem Interesse, obwohl diese in großer Zahl auf den Blogs gezeigt wurden, die ich zum damaligen Zeitpunkt las. Als dicke Frau war ich sehr gut mit schönen Schuhen und Taschen ausgestattet, denn diese sind - auch für eine Frau großer Größe - einfach zu kaufen. Schöne Taschen und Schuhe, halfen es mir besser zu ertragen, wenig Kleidungsstücke zu besitzen, die ich wirklich schön fand.

Was war das erste Kleidungsstück, das du für dich genäht hast?

So genau kann ich mich gar nicht mehr daran erinnern - das müsste ich selbst im Blog nachschauen, aber ich meine, es war eine Tunika aus Ikea-Stoff. Damals trug ich ja täglich Jeans und fand aber die dazu kombinierten Pullover und Shirts nicht sehr vorteilhaft. Eine Tunika erschien mir wie ein praktisches Kleidungsstück, das Figur zeigt, weiblich ist und im Alltag chic zur Jeans kombinierbar ist. Mir war schon klar dass Teilungsnähte, ein Kleidungsstück formen können und dass es möglich ist, durch eine taillierte Tunika-Form meine Figur vorteilhafter ins rechte Licht zu rücken.

Das heißt, dein erstes Kleidungsstück war gleich ein voller Erfolg?

Oh nein, eigentlich war es eine furchtbare Erfahrung! Ich kaufte mir ein Schnittmuster für eine Tunika, das meinen Vorstellungen entsprach und war enttäuscht, dass die genähte Tunika nicht wirklich gut passte. Ich konnte die Arme nicht gut bewegen, die Tunika beulte über dem Busen rückte meine Figur wesentlich weniger gut in ein neues Licht, als ich mir das erträumt hatte. Zudem war ich in einem doofen Nähkurs gelandet, den ich ausgerechnet mit starken Zahnschmerzen besuchte. Die Nählehrerin zwang mich wiederholt, unordentliche Nähte aufzutrennen, bis ich weinte. Ich versuchte ihr erfolglos zu erklären, dass es mir eigentlich um etwas ganz anderes ging: ich wollte von ihr lernen, wie ich das Schnittmuster so anpassen konnte, bis ich mir ganz viele tolle Tuniken nähen konnte. Ob eine Naht ein bisschen schief wäre oder nicht, war mir eigentlich schietegal. Beim zweiten Nähkurstreff, bekam ich dann allerdings den Eindruck, dass mir diese Nählehrerin meinen Wunsch gar nicht erfüllen konnte. Sie war zwar an diesem Tag in der Lage, mir die Tunika abzustecken, so dass sie anschließend gut saß, aber sie hat mir nicht geholfen, die Änderungen auf den Schnitt zu übertragen. Schließlich ging ich nicht mehr in diesen Nähkurs und nähte die nächste Tunika aus Jersey und nach dem Annäherungsprinzip: ich nähte sie größer und Schritt für Schritt enger, in dem ich sie auf links drehte und selbst an mir absteckte.

Wie ging es weiter, hast du dann lauter Tuniken genäht?

Dann kam der Sommer und ich nähte meine ersten Röcke. Im Sommer hatte ich schon immer gerne Röcke getragen und als ich entdeckte, dass es ziemlich leicht ist, einen Rock zu nähen, nähte ich in diesem Sommer gleich mehrere. Damals war ich von der Farbenmix-Welt fasziniert und fand es ganz großartig, bunte Sachen zu nähen und ordentlich zu "pimpen". Kein Kleidungsstück ohne Applikation *g*. Mittlerweile bin ich rückblickend mit diesen selbstgenähten Kleidungsstücken wieder versöhnt, denn ich habe verstanden, warum mir das damals so ein Bedürfnis war. Ich war enttäuscht, dass passformgenaue Kleidungsstücke doch schwerer zu nähen sind, als ich mir das vorgestellt hatte, da ich aber trotzdem gerne für mich nähen wollte, wollte ich auch unbedingt dafür Anerkennung bekommen. Mir war es wichtig, dass man sieht, dass etwas Genähtes etwas ganz besonderes ist und das erreichte ich durch wilde, bunte Muster und Verzierungen. Damals hätte ich mir partout nicht vorstellen können, ganz normale Kleidungsstücke zu nähen, die für die Basisgarderobe sind und denen man eben nicht ansieht, dass sie selbstgenäht sind.

Und dann, wie ging es weiter?

Was die weiteren Nähschritte und -Erfolge waren, weiß ich aus der Erinnerung gar nicht mehr so genau, das müsste ich im Blog nachlesen. Ich denke aber der nächste Meilenstein war der Me Made March, an dem Catherine teilnahm. Erst einmal waren das Welten für mich, die Vorstellung jeden Tag im Monat etwas Selbstgenähtes zu tragen. Aber am Ende des Me Made Marchs oder kurz danach wurde in den Kommentaren in ihrem Blog die Frage diskutiert, ob es genügend Interesse gäbe, eine wochentagliche Veranstaltung zu machen. Das fand ich eine tolle Idee! Aus dieser Diskussion ist dann der Me Made Mittwoch entstanden. Da das Ganze eine Aktion war, bei der es nicht verpflichtend war, wirklich jede Woche teilzunehmen, war ich von Anfang begeistert dabei - aber eben nicht jede Woche. Und gerade, weil es nicht verpflichtend war, empfand ich es enorm motivierend, mehr für mich zu nähen, um öfter daran teilzunehmen. Gleichzeitig war der Me Made Mittwoch natürlich von Anfang eine immense Inspirationsquelle und Wissensammlung.

Hat sich durch den Me Made Mittwoch dein Stil, deine Nähprojekte verändert?

Es ist ganz schwierig zu sagen, wer mich wann und wie beeinflusst hat. Ich glaube, es war wirklich das bunte Zusammenspiel der Teilnehmerinnen am Me Made Mittwoch, aber ich glaube der nächste, entscheidende Schritt war das Knotenkleid. Insgesamt war ich erstaunt, wie viele Kleider es an den nähenden Frauen zu sehen gab. Das Knotenkleid war eines, was mich sofort ansprach, weil ich ahnte, dass es für meine Figur vorteilhaft sein könnte. Um dieses zu Nähen, mußte ich allerdings meine Jerseyfurcht überwinden und wenn ich mich recht erinnere, habe ich auch ungefähr zeitgleich, im die Overlockmaschine geschenkt bekommen. Auch die Knotenkleider waren nicht von Anfang an ein Erfolg: einfarbiger Viskosejersey zeigte zu viele Röllchen und Baumwolljersey klebte an den Strumpfhosen. Ich war nicht 100% begeistert, hatte aber das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Der wöchentlich stattfindende MMM war ja auch Inspiration genug, um keinen Mangel an eträumten Nähprojekten zu haben.

In der nächsten Zeit nähte ich viele, viele Kleider, insbesondere aus Jersey und Walk. Ich begann in Serie zu nähen und einen Schnitt wie eine Besessene in vielen Farben zu nähen. Damals hatte ich dann zum ersten Mal das Gefühl, dass mich das Nähen reich und mächtig macht: Ich hatte mein Schicksal in der Hand - endlich konnte ich nähen, was ich für mich schön fand!

Das heißt, weil du auf einmal schönere Kleidung trugst, fühltest du dich schöner! Hat sich dadurch noch mehr verändert?

Eine Zeit lang, war ich verrückt nach Kleidern. Ich fand ich mich in Kleidern wirklich toll. Nachdem ich beschlossen hatte, keine Jeans mehr tragen zu wollen, weil mir mein Spiegelbild im Bus mit der unterbrochenen Silhouette von Shirt und Jeans nicht gefallen hatte, fand ich Kleider als "die Lösung".  Ein Kleidungsstück aus einem Guß fand ich extrem vorteilhaft. Ab gesehen davon, fand ich es auch extrem praktisch, morgens nicht über Kombinationen nachdenken zu müssen, denn mit einem Kleid ist eine Frau immer gut angezogen.

Ach, aber ich wollte doch die Frage beantworten. Ja, ich fühlte mich sehr viel schöner in meinen neuen selbstgenähten Klamotten. Ich wurde definitiv selbstbewußter mit dem Gefühl, schön angezogen zu sein. Ich glaube, das Fotografieren für den Blog und den Me Made Mittwoch hat diese Entwicklung meines Selbstbewußtseins auch noch unterstützt. Es ist gar nicht so leicht, Fotos von sich selbst gut genug zu finden, um sie im Internet zu zeigen. Mehr und mehr gewöhnte ich mich aber an die Fotografiererei und immer besser konnte ich es ertragen, Bilder von mir zu sehen.

Je mehr ich nähte, um so mehr hatte ich das Gefühl, langsam in den "richtigen" Klamotten zu stecken. Mehr und mehr hatte ich das Gefühl, dass "mein Innen" und "mein Außen" im Einklang sind. Als ich noch Klamotten kaufte, fand ich nur sehr sehr selten etwas, was mir richtig gut gefiel. Ich hatte oft das Gefühl, in der falschen Hülle zu stecken und ich dachte, dass Menschen einen ganz falschen Eindruck bekamen, wenn sie mich nur oberflächlich kennenlernten. Ich war gar nicht die, die ich sein wollte. Und war so oft enttäuscht, wenn ich mein Spiegelbild irgendwo sah. Als ich mehr und mehr für mich nähte, verschwand dieses Gefühl, dass ich nicht schlank war, wurde immer weniger wichtig, denn ich fand mich schön und stimmig. Irgendwie war alles rund - im positiven Sinne, als nicht im Sinne von dick, sondern von stimmig.

Das klingt, als wärest du schon vor zwei drei Jahren am Ziel angekommen?

Mit den Kleidern wurde vieles besser. In der Tat, irgendwann war der Moment da, an dem ich gerne schöne Kleider trug und sicher sein konnte, ausreichend schöne Kleider im Schrank zu haben. Trotzdem gab es immer noch Momente, an denen ich an meiner Figur zweifelte. Ich hatte zwar nicht mehr das Gefühl, mich mit den Schlanken vergleichen zu müssen, aber trotzdem war ich noch manchmal neidisch auf sie - weniger auf ihr Aussehen, sondern wegen dem Gefühl, dass es für sie einfach mehr Auswahl an Schnittmustern gab. Ich fühlte mich bei der Schnittmusterauswahl ähnlich limitiert in meiner großen Größe, wie beim Klamottenkauf. Viele Schnitte konnte ich einfach nicht nähen, weil sie nur bis Größe 42 oder 44 erhältlich waren und es wirklich nicht banal ist, einen Schnitt um mehrere Größen zu vergrößern. Ich glaube, deswegen habe ich auch so gerne Jerseykleider genäht und getragen. Aufgrund der Dehnbarkeit des Materials mußte ich nicht so stark vergrößern und eine gute Passform war leichter zu erreichen, als bei Webware. Aber ich bewunderte die Kleider der anderen aus Webware und war ein bißchen traurig, mich diesbezüglich limitiert zu fühlen.

Aber plötzlich hatte das doch ein Ende? Warum hast du dich irgendwann doch dazu getraut, Kleider aus Webware zu nähen?

Schuld, war der Petticoat. Bei einer Reise nach Berlin durfte ich bei Wiebke unter den Rock fassen und den Petticoat berühren und ich war verzaubert. Ich fand den Petticoat irgendwie magisch. Es ist wahrscheinlich ein Kleinmädchentraum. Ich wünschte mir vor zwei Jahren den Petticoat von meinem Mann zum Geburtstag, ohne im Vorfeld zu wissen, ob ich mich jemals trauen würde, ihn anzuziehen, ob ich reinpassen würde und ob er zu mir passen würde. Als ich ihn anprobierte, war ich überrascht! Es war ein richtiger Aha-Effekt zu sehen, dass meine wuchtige Brust durch die Weite des Rockes quasi die Show gestohlen bekam und ich tatsächlich eine sichtbare Taille vorweisen konnte. Plötzlich traute ich mich auch, einen Gürtel zu tragen! Als ich merkte, wie vorteilhaft ich diese Silhouette mit dem weiten Rock empfand, begann ich zunächst Kleider aus Webware und dann auch weite Röcke zu nähen. Weil ich so begeistert von der neuen Silhouette war, wuchs in mir der Ehrgeiz, mehr über Schnitte vergrößern und die Theorie dahinter zu lernen. Es ist schon verrückt, ich bin der festen Überzeugung, dass diese "Petticoatkleider" ganz fantastisch für runde Frauen sind und dann gibt es die Schnittmuster dafür nur in kleinen Größen!

Das letzte Jahr deines Näh-Hobbys war von neuen Erkenntnissen aber auch von Mißerfolgen geprägt. Kann es sein, dass so ein "schwieriges Jahr" ganz typisch für das Erlernen neuer Sachen ist?

Im letzten Jahr hatte ich zunächst eine Näh-Hybris: als wir mit dem Badeanzug-Sew-Along begonnen, hatte ich zunächst den Eindruck, dass jetzt alles möglich sei. Wer sich an so eine verrückte Sache, wie einen Badeanzug traut, kann sich fortan jeden Bekleidungswunsch erfüllen - so dachte ich. Allerdings wurde ich schnell auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, denn der Badeanzug wurde einfach nichts. Ich müsste erst das Nähen von BHs lernen, um einen guten Badeanzug produzieren zu können, d.h. es ist doch noch nicht möglich, einfach alles zu nähen, denn es gibt noch viel zu lernen. Diese Erfahrung und auch der HosenHerbst, der mir gezeigt hat, dass es nicht ausreicht, von einer tollen Hosen zu träumen, um eine tolle Hose für mich zu produzieren, waren ziemlich frustrierend. Aber davon versuche ich mich nicht unter kriegen zu lassen. Denn, eigentlich habe ich genügend Röcke und Kleider im Schrank, ich hätte schon Zeit, mich auf neue Herausforderungen einzulassen. Die Gier, die mich in den ersten Jahren zum Nähen getrieben hat, war befriedigt und gleichzeitig bin ich auch ehrgeiziger und anspruchsvoller geworden. Die Misserfolge waren dementsprechend nicht so leicht einzustecken.

Gleichzeitig habe ich aber auch letztes Jahr meinem Näh-Hobby mit meinem Schnittkonstruktionskurs noch mal eine neue Qualität gegeben. Auch da gab es eine Menge Frustrationen, denn nur, weil ich weiß, wie ich einen Grundschnitt konstruiere, bin ich noch lange nicht in der Lage, plötzlich jeden Schnitt für jedes gewünschte Kleidungsstück einfach so herzustellen. Zwischendurch fragte ich mich oft, was das Ganze soll und konnte es nicht recht würdigen, was ich gelernt hatte. Zum Beispiel das Ziel, einen toll sitzenden Jackettschnitt nach meinen Vorstellungen zu haben, habe ich immer noch nicht erreicht und zwei unfertige Jacketts liegen frustriert in der UFO-Kiste. Trotzdem habe ich in den letzten Monaten auch immer mal beim Schnitt-Anpassen und Nähen gemerkt, dass ich ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge durch das Erlernen der Schnittkonstruktion bekommen habe. Ich bin noch weit davon entfernt, in diesem Metier versiert zu sein, aber es ist schon befriedigend zu erkennen, was ich gelernt habe.

Wenn du auf 5 Jahre Nähen zurückblickst, was ist dein Resumée?

Vor 5 Jahren hätte ich niemals gedacht, dass ich mit dieser Leidenschaft an dem Thema dranbleiben würde. Nicht jede Leidenschaft hält bei mir so lange und nicht jede Beschäftigung betreibe ich mit dieser Leidenschaft. Manchmal scherze ich, dass ich eigentlich gar nicht so gerne nähe - das stimmt natürlich nicht. Manchmal bin ich sehr erfolgsgetrieben und wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich das gewünschte Kleidungsstück anzuziehen, aber im Grund genommen, mag ich auch den Flow, der beim Nähen entstehen kann. Und wenn ich auf das große Ganze schaue, also auf das, was ich gelernt und auch an "Kopfkleiderschrank" verwirklicht habe, dann bin ich schon stolz, was ich aus eigenem Antrieb und mit eigenen Kräften geschaffen habe.

Aber so sehr ich auch meine Lernerfahrungen und die Qualität meiner Ergebnisse schätze, ist es für mich doch am wichtigsten, was mit mir in dieser Zeit passiert ist. Mein Leben hat sich so sehr dadurch geändert, dass ich nun Einfluss auf meine äußere Hülle habe und mit dieser zufrieden bin. Es ist so unglaublich befriedigend zu erleben, dass mein Selbstbild immer mehr mit meinem Außen übereinstimmt. Ich war schon früher selbstbewusst, aber seit dem ich mich schön finde, hat dieses Selbstbewusstsein ein viel festeres Fundament und ist weitaus glaubwürdiger.

Ist das auch der Grund, wieso du bloggst?

Als ich Anfing zu bloggen, stand der Aspekt der Werkschau im Vordergrund. Ich war stolz auf meine Werke und wollte gerne Anerkennung dafür. Dann fand ich es eine zeitlang spannend, meine Entwicklungsschritte zu dokumentieren. Diesen Aspekt finde ich auch jetzt noch wichtig. Ich mag zum Beispiel den Jahresrückblick sehr gerne. Aber zum Beispiel für dieses Interview bin ich zu faul, die passenden Bilder herauszusuchen, weil ich finde, dass der Text eigentlich aussagekräftig genug sein sollte.

Immer mehr haben sich in den letzten Jahren aber manche Texte in meinem Blog für mich und auch für manche Leserin als bedeutsamer herausgestellt, als die bunten Bildchen. Ich bekomme immer wieder Rückmeldung dafür, wie gerne Menschen bei mir lesen und freue mich darüber. Letztlich mache ich das ja auch besonders gerne: ich mache mir gerne Gedanken über das "Dahinter" und schreibe sehr gerne darüber. Mich interessiert es einfach, mehr über die Kleidungsstücke, die Herstellung aber auch das, was sie mit dem Menschen machen herauszufinden. Deswegen schreibe ich auch gerne darüber und wenn ich mit meinem Geschreibsel dann auch noch Menschen Mut machen und Inspiration sein kann, dann ist das doch wunderbar. Ich bekomme über den Austausch unserer Nähnerd-Gemeinschaft im Internet so viel, dass ich sehr gerne etwas zurück bzw. dazu gebe. Ich habe ohnehin die Beobachtung, dass durch den Austausch, der zwischen den Blogbetreiberin und den Kommentatorinnen oder durch Gemeinschaftsaktionen wie Sew Alongs oder Verlinkungsaktionen entsteht, etwas gemeinsames Neues entsteht, das noch mal eine ganz neue Qualität hat, als eine nur "gewertschätzte Werkschau". Ich bin sehr dankbar, Teil dieser Nähbloggerinen-Gemeinschaft zu sein - ohne sie, hätte ich vermutlich irgendwann, als es frustrierend wurde, aufgehört zu nähen. Meine lieben Leserinnen, Kommentatorinnen und Nähbloggerinnen - Männer sind selbstverständlich mit gemeint - ich danke euch für eure Kommentare und Inspiration. Schön, dass es euch gibt!

Ups, bevor es jetzt noch pathetischer wird, hören wir lieber auf mit dem Interview - ist ohnehin schon wieder viel zu lang geworden. Vielen Dank für die Antworten und auf die nächsten 5 Jahre und 1000 Beiträge! 


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