Eines ist so sicher, wie das Amen in der Kirche: kaum habe ich hier herumlamentiert, flutscht es wieder. Jetzt könnte man natürlich denken, "was jammert die Alte eigentlich?", aber das würde dem Ganzen nicht gerecht, denn vielleicht hat das Eine etwas mit dem Anderen zu tun. Euch haben meine Gedanken berührt, wie ich an Euren Kommentaren erfreut und interessiert las und mir hat das Niederschreiben wieder einen Schritt mehr Klarheit gebracht. Das ist einer der Gründe, wieso ich schreibe: das Formulieren und später noch mal lesen, ordnet die Gedanken und euer Feedback darauf zeigt mir, wie klar ich bin und was ich noch nicht betrachtet haben könnte. Danke!
"Wo ist denn deine Nähkrise?" fragte Catherine mich heute auf twitter, nachdem ich zwei weitere Ajaccio-Jersey-Kleider zugeschnitten hatte. Hat sich meine Näh-Krise nun klammheimlich aus dem Staub gemacht, oder zählen Projekte ohne größer Herausforderung nicht? Ich glaube, sie hat sich aus dem Staub gemacht. Vorgestern nähte ich das Anlasskleid noch mal, produzierte entweder ein UFO, ein stilvolles Nachthemd oder aber ein Ding, zum gleich wieder zerschneiden. Das Schöne daran war, dass ich jetzt, beim dritten Mal nähen dieses Schnittes von Frau Stokx erst kapierte, wie einfach die Ausschnittlösung zu nähen geht und wie schick das aussehen kann, wenn frau es richtig macht. Während des Nähens hatte ich wieder dieses "zum-Niederknien-Gefühl", das ich immer bekomme, wenn ich gutes Design erkenne. Mein Herz fängt an zu hüpfen, wenn mir gutes Handwerk und raffiniertes Design begegnet. Es macht mich einfach glücklich. So glücklich, dass es gar nicht schlimm ist, dass das unmittelbare Resultat ein Nachthemd oder ein Ding zum zerschneiden ist. So, wie das Kleid jetzt ist, funktioniert es nicht, weil der Jersey für den Schnitt-für-meine-Figur zu dünn ist, aber vielleicht zerschneide ich es wirklich und mache ein Ajaccio und einen Kragen, den ich unter Shirts ziehe kann drauf. Den Stoff hütete und streichelte ich schon seit drei Jahren, denn er sollte mal ein Kack-Onion-2012 werden. Er hat es verdient, nicht mehr in der Kiste herumzuliegen.
Heute war dann ein schwieriger Tag. Schlechte Nachrichten berührten mich sehr, anderes regte mich auf. Irgendwann war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich die Wahl hatte, mich ins Bett zu verziehen oder ein grünes Kleid zuzuschneiden. Ich entschied mich für das grüne Kleid. Und da ein grüner Jersey im Lager war, der mir warme Erinnerungen bereitete, weil ich ihn zusammen mit Frau Nahtzugabe gekauft habe, schnitt ich ein Auf-Nummer-Sicher-Ajaccio zu und damit es sich rentiert, gleich noch eines. Und weil das Kind verabredet war und ich Zeit hatte, begann ich zu nähen und weil der Gatte unterwegs ist, werde ich gleich weiter nähen. So ist das Leben manchmal. Ein Auf und Ab.