Tiramisu wollte ich schon länger nähen. Mich gefiel das gestreifte Kleid auf der Schnittverpackung und es reizte mich sehr, dass ungewöhnliche Schnitt- und Größensystem von Cake Patterns auszupobieren. Als es zum Anfang dieses Sommers in Nähnerdkreisen in Mode kam (Frau talentfreischön und Frau von Mema begeisterten mich besonders), bestellte ich es spontan bei Urban Cut und war begeistert, als der Schnitt am nächsten Tag in meinem Briefkasten lag.
Zunächst konnte ich es gar nicht glauben, dass ich zur Abwechslung nicht einfach die größte Größe nehmen muß. Wahrscheinlich erging es mir wie vielen Näherinnen in meinem Format, dass wir erst einmal ein zu großes Kleid zuschnitten. Das Maßsystem fand ich super. Es leuchtet mir direkt ein, dass es auf die Rückenbreite bzw. die Oberbrustweite ankommt, die mit der Cup-Größe kombiniert wird. So kann es viel mehr varriiert und passformgenauer gearbeitet werden, als mit dem Maß der Oberweite, die große Brüste und breites Kreuz in einen Topf packt. Viele Näherinnen finden sowieso ihren Weg durch Mehrgrößenschnitte, in dem sie obenrum eine andere Größe wählen als unten. Bei Cake ist das gewollt. An verschiedenen Punkten trifft frau Entscheidungen und stellt sich so einen gut funktionierenden Schnitt zusammen - wenn frau sich auf das System einlässt und daran glaubt.
Mein erster Entwurf sah scheußlich aus. Ich nähte ihn aus einem geschenkten Stoff. Frau 81GradNord wunderte sich vor ein paar Monaten über ihren Fehlkauf und fragte mich, ob mir der Stoff gefalle. Auf dem Foto, das sie mir schickte, schätze ich die Kreise größer ein und obwohl braun an für sich nicht so mein Ding ist, mochte ich die türkisen Sprengsel und das Retromuster und sagte deswegen "ja" und an dieser Stelle noch mal "herzlichen Dank!".
Geschenkte Dinge sollte frau nicht zu lange rumliegen haben (Entschuldigung, für die zwei noch nicht genähten Schnitte!), deswegen griff ich beherzt zu dem einzigen, zu diesem Zeitpunkt herumliegenden Jersey und schnitt das Tiramisu zu. Interessant, by the way, ich habe ein Webware und Futterstoffe-Lager aber kein Jerseylager. Das Kleid war zu groß, die Taschen hingen an den Knien, das Taillenband zu weit und der Stoff lud dazu ein, es kurzer Hand als Kittel zu beurteilen. Siehe oben.
Tiramisu wieder auseinander genommen #nähnerdslangpic.twitter.com/MSWCAWhBVs
— FrauCrafteln (@FrauCrafteln) 15. Juli 2014
Ich wollte aber, obwohl ich eigentlich gerade noch genug Nähprojekte habe, die eigentlich bis nächste Woche fertig werden sollten, nicht aufgeben. Ich kaufte für 2 Euro noch petrolfarbenen Jersey dazu, nahm das Kleid noch einmal komplett (bis auf Rockteil mit Taschen) auseinander, kürzte das Taillenband und doppelte es gleich und fügte die kontrastierenden Blenden an. Ein Abend zusätzlich Arbeit und jetzt habe ich ein neues Kleid.
Hübsch ist es nicht, mein Tiramisu, aber ich vermute, ich werde es dauernd anziehen, das unkomplizierte Ding.
— FrauCrafteln (@FrauCrafteln) 16. Juli 2014
Witzigerweise war mein Urteil nicht sofort begeistert, aber mir schwante, dass das Kleid "ein Renner" werden würde. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber es ist so unkompliziert und angezogen. Vielleicht liegt es an Farben und Muster, die sich nicht in den Vordergrund drängen, vielleicht liegt es aber auch am Schnitt. Der weite Rock und die angeschnittenen Ärmel bedecken und sind trotzdem luftig. Es ist mehr Stoff, als an den kurzärmeligen Ajaccios und das fühlt sich weniger nackt an. Eigentlich mag ich diese angeschnittenen Ärmel überhaupt nicht, ich finde sie unförmig und zu 80er für mich. Ich habe auch immer Sorge, dass sie zu wenig Kontur geben und damit die Oberweite unnötig aufblähen. Aber witziger Weise stört es mich bei dem Kleid nicht, nachdem ich es im Taillenbereich noch mal wesentlich enger nähte.
2cm in der Taille links und rechts weg, machen den Unterschied zwischen Kittel und Kleid
— FrauCrafteln (@FrauCrafteln) 16. Juli 2014
Kurz und gut, hätte ich jetzt Zeit und einen gestreiften Jersey herumliegen, würde ich es sofort noch mal nähen. Hatte ich schon erwähnt, wie schwer verliebt ich in dieses Tiramisu bin, das ich letzte Woche beim Me Made Mittwoch entdeckte?
Egal, jetzt wird erstmal das Premiere-Tiramisu getragen, bis sich der Saum so ausgehängt hat, dass sich das säumen lohnt. Ich bin gespannt, ob mein erster Versuche wirklich so ein gern getragenes Alltagskleid wird, wie ich es schwer vermute. Ich glaube schon!